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BFH: Steuerrechtliche Behandlung eines einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gewährten Gesellschafterdarlehens

Ein einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gewährtes Gesell­schafterdarlehen ist steuerrechtlich insoweit nicht anzuerkennen, als die Dar­lehensverbindlichkeit der Gesellschaft ihrem Gesellschafter nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung steuerrechtlich zuzurechnen ist. Das Darlehensver­hältnis führt in diesem Umfang weder beim Darlehensnehmer zu abzugsfähi­gen Werbungskosten noch beim Darlehensgeber zu Einnahmen aus Kapital­vermögen, sondern ist als eine steuerneutrale Einlage zu behandeln.

AO § 39 Abs. 2 Nr. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
EStG § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 9, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 6
DBA-Russland Art. 4, Art. 6 Abs. 1, Art. 11, Art. 25
AO 1977 § 415 Abs. 1
FGO i.d.F. des KrZwMGEG § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a

BFH-Urteil vom 27.11.2024, I R 19/21 (veröffentlicht am 24.4.2025)

Vorinstanz: FG München vom 18.3.2021, 10 K 2756/19 = SIS 21 12 49

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG. Gesellschafter sind zum einen eine nicht am Vermögen betei­ligte Komplementär-GmbH (K‑GmbH) und zum anderen die in der Russischen Föderation (Russland) lebende Kommanditistin F. Die Klägerin wurde nach deutschem Recht gegründet. Sowohl die K‑GmbH als auch F sind zur Geschäftsführung befugt.

Die Klägerin erwarb mit notariellem Vertrag vom …06.2012 ein (bebautes) Grundstück in einer inländischen Stadt zum Kaufpreis von … € und erzielte Mieteinnahmen. Zur Finanzierung des Kaufpreises gewährte F der Klägerin mit Vertrag vom …06.2012 ein verzinsliches Darlehen über … € mit einer Laufzeit von 15 Jahren und einer Verzinsung von 6 % pro Jahr. Im Jahr 2012 (Streitjahr) zahlte die Klägerin aufgrund des gewährten Darlehens Zinsen in Höhe von … € an F.

Nach einer steuerlichen Außenprüfung qualifizierte der Beklagte und Revisions­beklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) die von der Klägerin als gewerbliche Gewinne er­klärten Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung. Die Darlehens­zinsen berücksichtigte das FA nicht als Werbungskosten, weil das Darlehen auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Nichtaner­kennung von Mietverträgen zwischen einer vermögensverwaltenden Personen­gesellschaft und ihrem Gesellschafter (z.B. BFH-Urteil vom 18.05.2004 ‑ IX R 83/00, BFHE 206, 162, BStBl II 2004, 898) steuerrechtlich nicht anzuerkennen sei. Dementsprechend änderte das FA den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 am 28.06.2018 und stellte nunmehr nicht nach Quote zu verteilende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von … € fest.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Finanzgericht ‑‑FG‑‑ München, Urteil vom 18.03.2021 ‑ 10 K 2756/19, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2021, 1524).

Die Klägerin macht mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts gel­tend und beantragt,
das Urteil des FG München vom 18.03.2021 ‑ 10 K 2756/19 aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 vom 28.06.2018 in Gestalt der Ein­spruchsentscheidung vom 22.10.2019 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um … € gemindert werden, hilfsweise, die auf die Kommanditistin F ent­fallenden Darlehenszinsen in Höhe von … € nicht als in die Be­messungsgrundlage der Einkommensteuer eingehende Einkünfte fest­zustellen.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag un­begründet und deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Der Bescheid des FA über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Das FG ist zu Recht (stillschweigend) von der Zulässigkeit der Klage, insbe­sondere vom Bestehen einer Klagebefugnis, ausgegangen. Ob sich die Klage­befugnis für alle im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch anhängigen Klagever­fahren nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a FGO i.d.F. des Kreditzweitmarktförde­rungsgesetzes vom 22.12.2023 (BGBl I 2023, 411, BStBl I 2024, 144) richtet, da keine anderweitige Übergangsregelung getroffen wurde (so BFH-Urteil vom 08.08.2024 ‑ IV R 1/20, BFH/NV 2024, 1456, Rz 25), kann offenbleiben in Konstellationen, in denen sowohl nach der alten als auch der neuen Regelung eine Klagebefugnis (hier: Klagebefugnis der Klägerin bei einem Streitgegen­stand der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrund­lagen) besteht (s.a. BFH-Urteil vom 16.04.2024 ‑ VIII R 3/21, BStBl II 2024, 902).

2. Das FG hat ferner zutreffend angenommen, dass die Klägerin als vermö­gensverwaltende Personengesellschaft im Streitjahr aus der Überlassung eines Grundstücks mit aufstehendem Gebäude Einkünfte aus Vermietung und Ver­pachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt hat. Eine Qualifikation als gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG scheidet für das Streitjahr aus, weil zur Geschäftsfüh­rung nicht nur die an der Klägerin beteiligte Kapitalgesellschaft, sondern auch die Kommanditistin F befugt war.

3. Schließlich ist das FG zu Recht (stillschweigend) davon ausgegangen, dass die den Gesellschaftern der Klägerin steuerrechtlich zuzurechnenden einkommen­steuerpflichtigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung in der für das Streitjahr geltenden Fassung (AO) gesondert und einheitlich festzustellen sind. Im Streitfall hat die Klägerin selbst die Mietverträge abgeschlossen, sodass F und die K‑GmbH als ihre Gesellschafter gemeinschaftliche Mieterträge erzielt haben. Dem steht nicht entgegen, dass nur F vermögensmäßig an der Klägerin beteiligt war. Denn die K‑GmbH hat von den gemeinschaftlich erzielten Einkünften einen An­teil in Form der vereinbarten Haftungsvergütung erhalten, während F lediglich der nach Abzug der Haftungsvergütung verbleibende Teil der Einkünfte zu­stand (vgl. allgemein BFH-Urteil vom 07.04.1987 ‑ IX R 103/85, BFHE 150, 124, BStBl II 1987, 707, unter 1.b).

4. Die Vermietungseinkünfte unterliegen vollumfänglich, mithin auch soweit sie der im Ausland lebenden Gesellschafterin F zuzurechnen sind, der deut­schen Besteuerung, da das vermietete Grundstück im Inland belegen ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG). Sie sind auch nicht aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation zur Vermei­dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 29.05.1996 (BGBl II 1996, 2711, BStBl I 1996, 1491) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 15.10.2007 (BGBl II 2008, 1399, BStBl I 2009, 832) ‑‑DBA-Russland‑‑, welches auf F als natürliche Person mit Ansässigkeit in Russland anwendbar ist (Art. 4 DBA-Russland), von der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) auszunehmen. Denn nach diesem Abkommen steht das Besteuerungsrecht an den F zuzurechnenden Einkünften aus dem in Deutschland liegenden unbeweglichen Vermögen Deutschland zu (Art. 6 Abs. 1 DBA-Russland). Da mithin sowohl die der K‑GmbH als auch die der F zuzurechnenden Vermietungseinkünfte im Inland der Einkommen- bezie­hungsweise Körperschaftsteuer unterliegen, ist von einer gesonderten und ein­heitlichen Feststellung nicht gemäß § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO abzusehen.

5. Das FG hat die Zinsaufwendungen aus dem von der Klägerin zur Finanzie­rung des Kaufpreises des Vermietungsgrundstücks aufgenommenen Darlehen zu Recht nicht als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften berücksich­tigt.

a) Eine Personengesellschaft ist zwar zivilrechtlich als selbstständiges Rechts­subjekt und in begrenztem Umfang auch als Steuerrechtssubjekt anerkannt (s. Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984 ‑ GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.III.3.a, und vom 25.02.1991 ‑ GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter C.III.2., sowie BFH-Urteil vom 29.10.2019 ‑ IX R 38/17, BFHE 267, 18, BStBl II 2021, 202, Rz 27). Bei der Anerkennung von schuldrechtlichen Beziehungen zwischen der Personengesell­schaft und ihren Gesellschaftern differenziert das Steuerrecht allerdings zwi­schen (gewerblichen) Mitunternehmerschaften und rein vermögensverwalten­den Personengesellschaften. Diese Differenzierung ergibt sich daraus, dass der grundsätzlich für alle Personengesellschaften anwendbare § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO durch die ausschließlich für Mitunternehmerschaften geltende Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verdrängt wird (s. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.02.1991 ‑ GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter C.III.2., sowie BFH-Urteil vom 20.02.2003 ‑ III R 34/01, BFHE 201, 507, BStBl II 2003, 700).

Bei Mitunternehmerschaften sind Verträge und Veräußerungsgeschäfte, die sie mit ihren Gesellschaftern schließen und bei denen eine Außenverpflichtung im Sinne des § 249 des Handelsgesetzbuchs begründet wird, im Falle ihrer Fremdüblichkeit auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ertrag­steuerrechtlich anzuerkennen und gegebenenfalls durch einen Ansatz im Sonderbe­reich zu neutralisieren (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.02.1991 ‑ GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter C.III.2., sowie BFH-Urteile vom 21.10.1976 ‑ IV R 210/72, BFHE 120, 239, BStBl II 1977, 145; vom 05.11.1985 ‑ VIII R 257/80, BFHE 145, 58, BStBl II 1986, 53; vom 20.02.2003 ‑ III R 34/01, BFHE 201, 507, BStBl II 2003, 700; vom 03.02.2010 ‑ IV R 26/07, BFHE 228, 365, BStBl II 2010, 751, Rz 25; vom 05.06.2014 ‑ IV R 26/11, BFHE 246, 160, BStBl II 2014, 886, Rz 32; vom 01.09.2022 ‑ IV R 25/19, BFHE 278, 142, BStBl II 2023, 695, Rz 22). Demgegenüber bleibt bei ausschließlich vermögensverwaltenden Personenge­sellschaften § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anwendbar, weil § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auf diese nicht ‑‑auch nicht im Wege einer Analogie‑‑ anwendbar ist (s. BFH-Urteile vom 18.11.1980 ‑ VIII R 194/78, BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510, unter 1.d; vom 07.04.1987 ‑ IX R 103/85, BFHE 150, 124, BStBl II 1987, 707, unter 1.b, sowie vom 02.04.2008 ‑ IX R 18/06, BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679, unter II.2.b). Der Anwendungsbereich des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO kann bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften allenfalls auf Ebene des Gesellschafters verdrängt werden, wenn dieser dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterfällt und Vertragspartner der vermö­gensverwaltenden Personengesellschaft ist (s. BFH-Urteil vom 09.10.2008 ‑ IX R 72/07, BFHE 223, 199, BStBl II 2009, 231).

b) § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ordnet für Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesam­ten Hand zustehen, deren anteilige Zurechnung zu den Beteiligten an, soweit eine getrennte Zurechnung für Zwecke der Besteuerung erforderlich ist. Ein solches Erfordernis besteht im Rahmen der Ertragsbesteuerung nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn die Gesamthand selbst den Besteuerungstatbe­stand verwirklicht (s. BFH-Urteile vom 06.10.2004 ‑ IX R 68/01, BFHE 207, 24, BStBl II 2005, 324, unter II.2.c; vom 02.04.2008 ‑ IX R 18/06, BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679, unter II.2.b; vom 26.09.2023 ‑ IX R 13/22, BFHE 282, 278, Rz 20). Dementsprechend wird eine vermögensverwaltende Personenge­sellschaft in ständiger Rechtsprechung steuerrechtlich als Bruchteilsgemeinschaft behandelt (BFH-Urteile vom 18.05.2004 ‑ IX R 42/01, BFH/NV 2005, 168, un­ter II.2.a bb, sowie Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 ‑ GrS 2/16, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 82 und 110).

(1) Für eine durch die vermögensverwaltende Personengesellschaft vorgenom­mene Vermietung eines Grundstücks folgt daraus, dass Mietverträge zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern steuerrechtlich nicht anzuerkennen sind, wenn und soweit diesen das Grundstück beziehungsweise das Nutzungs­recht an dem Grundstück nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zuzurechnen ist (BFH-Urteile vom 18.05.2004 ‑ IX R 42/01, BFH/NV 2005, 168, unter II.2.a bb; vom 18.05.2004 ‑ IX R 49/02, BFHE 206, 168, BStBl II 2004, 929; vom 07.06.2006 ‑ IX R 14/04, BFH/NV 2006, 2053, unter II.2.b, sowie BFH-Be­schluss vom 16.11.2021 ‑ IX B 37/21, BFH/NV 2022, 115). Denn insoweit ("vollständige Transparenz") fehlt es zur steuerrechtlichen Anerkennung eines entsprechenden Schuldverhältnisses an der erforderlichen Personenverschie­denheit von Gläubiger und Schuldner (BFH-Urteile vom 18.05.2004 ‑ IX R 42/01, BFH/NV 2005, 168, unter II.4.; vom 07.06.2006 ‑ IX R 14/04, BFH/NV 2006, 2053, unter II.3.a). Ebenso führt die Übertragung von Wirt­schaftsgütern zwischen einem Gesellschafter und einer vermögensverwalten­den Personengesellschaft nicht zu einem Erwerb oder einer Veräußerung, so­weit der Gesellschafter am Gesamthandsvermögen beteiligt ist, weil es inso­weit an einem Rechtsträgerwechsel fehlt (BFH-Urteile vom 02.04.2008 ‑ IX R 18/06, BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679, unter II.2.b; vom 26.04.2012 ‑ IV R 44/09, BFHE 237, 453, BStBl II 2013, 142, Rz 27).

(2) Gleiches gilt schließlich für Darlehensverträge zwischen der vermögensver­waltenden Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter. Soweit dem Gesell­schafter eine Forderung oder eine Verbindlichkeit aus einem Darlehensvertrag mit seiner Gesellschaft nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO (mit einer Anwendung auch auf "passive Wirtschaftsgüter") steuerrechtlich zuzurechnen ist, fallen Gläubiger und Schuldner des Vertrags zusammen, sodass die Forderung bei Maßgabe der steuerrechtlichen Betrachtung für Besteuerungszwecke erlischt (sogenannte Konfu­sion). In diesem Umfang ist die schuldrechtlich wirksame Vereinbarung steuerrecht­lich nicht anzuerkennen mit der Folge, dass entsprechende Zinsen beim Darle­hensnehmer keine abzugsfähigen Werbungskosten darstellen und beim Darle­hensgeber nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählen (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2019 ‑ 13 K 1695/19 F, EFG 2020, 93; FG Münster, Urteil vom 26.08.2021 ‑ 8 K 2860/19 F, EFG 2021, 1712; Graw in Desens [Hrsg.], Transparente Be­steuerung und Steuersubjektivität, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft ‑‑DStJG‑‑ Bd. 46, 2024, 179, 190; Stenert in Westermann/Wertenbruch, Handbuch der Personengesellschaften, § 1 Rz 17; Weiß in Zugmaier/Nöcker/Weiß, § 39 AO Rz 95; s.a. Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 07.01.2016, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2016, 755).

(3) Die Bruchteilsbetrachtung ist nicht nur auf Fälle der Erbringung einer Sach­leistung durch die vermögensverwaltende Gesellschaft gegenüber ihren Gesell­schaftern beschränkt, sondern wirkt sich auch in dem umgekehrten Fall der Erbringung einer Sachleistung durch den Gesellschafter gegenüber seiner Ge­sellschaft aus, wenn jedenfalls ‑‑wie im Streitfall‑‑ Gegenstand des Schuldver­hältnisses ein der Gesellschaft zustehendes Wirtschaftsgut (hier: die Darle­hensverbindlichkeit) ist (ebenso: Fu in Gosch, AO § 39 Rz 198; Graw, DStJG Bd. 46, 2024, 179, 190; Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG Rz 23; Klein/Ratschow, AO, 17. Aufl., § 39 Rz 83; Brandis/Heuermann/Schallmoser, § 21 EStG Rz 82; Weiß in Zugmaier/Nöcker/Weiß, § 39 AO Rz 95; BeckOK AO/Brühl, § 39 Rz 507; Hoheisel, DStR kurzgefaßt 2021, 243; Voß, Der Betrieb 2022, 566, 569; a.A. Engel, Vermögensverwaltende Personengesellschaften im Ertragsteuerrecht, 3. Aufl., Rz 334; Kahle, Beck'sches Handbuch der Personengesellschaft, § 7 Rz 315; Riepolt, Vermögensverwaltende Personengesellschaften, S. 42; Kemcke/Schäffer in Haase/Dorn, Vermögensverwaltende Personengesellschaf­ten, 5. Aufl., Dritter Teil, Rz 64 und 84).

Eine Differenzierung danach, wer in einem Schuldverhältnis der Erbringer der Sachleistung ist ‑‑die vermögensverwaltende Gesellschaft oder ihr Gesellschaf­ter‑‑, ergibt sich nicht aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO. Auch in der bisherigen Recht­sprechung zu vermögensverwaltenden Personengesellschaften ist eine ent­sprechende Differenzierung nicht angelegt. Vielmehr hat der BFH die Bruch­teilsbetrachtung bereits auf Sachverhalte angewendet, in denen der Gesell­schafter die Sachleistung gegenüber seiner vermögensverwaltenden Gesell­schaft erbracht hat (s. BFH-Urteile vom 02.04.2008 ‑ IX R 18/06, BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679; vom 26.04.2012 ‑ IV R 44/09, BFHE 237, 453, BStBl II 2013, 142, sowie BFH-Beschluss vom 16.11.2021 ‑ IX B 37/21, BFH/NV 2022, 115).

(4) Die Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auf Verbindlichkeiten einer ver­mögensverwaltenden Gesellschaft aufgrund einer Darlehensgewährung durch ihren Gesellschafter steht ‑‑anders als es die Klägerin meint‑‑ auch nicht im Widerspruch zur bisherigen BFH-Rechtsprechung. Soweit sich die Klägerin auf die Ausführungen in dem BFH-Urteil vom 18.11.1980 ‑ VIII R 194/78 (BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510, unter 1.d) beruft, nach denen ein zwischen ei­nem Gemeinschafter (Gesellschafter) und der Gemeinschaft (Gesellschaft) vereinbartes Darlehen steuerrechtlich anzuerkennen sei und von der Gemein­schaft (Gesellschaft) gezahlte Darlehenszinsen unter den weiteren Vorausset­zungen der §§ 9, 21 EStG Werbungskosten darstellen würden, übersieht sie, dass diese Ausführungen nicht nur durch die neuere BFH-Rechtsprechung überholt sind (s. FG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2019 ‑ 13 K 1695/19 F, EFG 2020, 93), sondern auch, dass der dort entschiedene Streitfall die Jahre 1966 bis 1970 betraf, sodass noch die Reichsabgabenordnung anzuwenden war; die Abgabenordnung und damit auch § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO traten erst mit Wirkung zum 01.01.1977 in Kraft (s. § 415 Abs. 1 AO 1977).

c) Das FG hat auf der Grundlage dieser Rechtsprechung zu Recht das der Klä­gerin von ihrer zu 100 % am Vermögen beteiligten Gesellschafterin gewährte Finanzierungsdarlehen steuerrechtlich unberücksichtigt gelassen und die geleisteten Darlehenszinsen steuerrechtlich als sogenanntes Ergebnisvorab der F qualifiziert. Auf die Darlehensverbindlichkeit ist § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anzuwenden, weil dessen Anwendungsbereich nicht durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ver­drängt wird; § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist weder auf die Klägerin noch auf ihre Gesellschafter (F und die K‑GmbH) anwendbar. Die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO liegen hier vor, weil die Klägerin als Gesamthand den Steuertatbestand des § 21 EStG verwirklicht hat, indem sie selbst Vertrags­partei der Mietverträge gewesen ist. Daraus, dass F die Darlehensverbindlich­keit der Klägerin in voller Höhe zuzurechnen ist, folgt, dass es steuerrechtlich an einer Personenverschiedenheit von Gläubigerin und Schuldnerin fehlt.

6. Das FG hat ferner zutreffend entschieden, dass das DBA-Russland der Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der vom FA er­mittelten Höhe nicht entgegensteht. Das Abkommen bestimmt nicht, wie die Anwenderstaaten die durch sie zu besteuernden Einkünfte zu ermitteln haben, insbesondere welche Ausgaben als Werbungskosten zu qualifizieren sind. Die Art und Weise der Einkünfteermittlung bestimmt sich ausschließlich nach dem Recht des jeweiligen Anwenderstaats (s. Senatsurteile vom 24.03.1999 ‑ I R 114/97, BFHE 188, 315, BStBl II 2000, 399, unter B.IV.1.e aa; vom 23.02.2011 ‑ I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354, Rz 42, und BFH-Urteil vom 19.01.2017 ‑ IV R 50/14, BFHE 257, 35, BStBl II 2017, 456, Rz 50). Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben sich aus Art. 11 DBA-Russland keine Vor­gaben zum Werbungskostenabzug bei Vermietungseinkünften. Diese Vorschrift regelt ausschließlich das Besteuerungsrecht an Einkünften aus Forderungen je­der Art (wie zum Beispiel Darlehenszinsen) und betrifft damit ausschließlich die hier nicht streitgegenständliche Besteuerung des Darlehensgebers.

Sofern eine unterschiedliche steuerrechtliche Einordnung des Finanzierungsdarle­hens durch Deutschland (hier: Behandlung wie eine steuerneutrale Einlage) und Russland wirtschaftlich eine Doppelbesteuerung zur Folge haben sollte, obliegt es der F, in Russland als ihrem Ansässigkeitsstaat ein Verständigungs­verfahren nach Maßgabe von Art. 25 DBA-Russland einzuleiten.

7. Das FG hat die Klage schließlich auch zu Recht mit dem Hilfsantrag abge­wiesen.

a) Sollte die Klägerin mit dem Hilfsantrag die Feststellung einer teilweisen Steuerfreiheit der Vermietungseinkünfte nach dem DBA-Russland in Höhe der Darlehenszinsen von … € begehren, ist dieser Antrag bereits im er­folglosen Hauptantrag enthalten. Denn mit diesem hat die Klägerin die Fest­stellung zur Höhe der in Deutschland der Besteuerung unterliegenden Einkünf­te aus Vermietung und Verpachtung angefochten. Eine Ausnahme der Vermie­tungseinkünfte von der Besteuerung in Deutschland in Höhe der gezahlten Darlehenszinsen nach dem DBA-Russland war daher bereits im Rahmen des Hauptantrags zu prüfen und wurde vom Senat verneint (s. zu II.4.).

b) Sollte der Antrag in Vorbereitung eines in Russland anzustrengenden Ver­ständigungsverfahrens auf eine Feststellung der steuerrechtlichen Behandlung der von der Klägerin gezahlten Darlehenszinsen in Deutschland abzielen, fehlt es für eine entsprechende Feststellung an einer Rechtsgrundlage. Denn § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ermöglicht lediglich die Feststellung der von der K‑GmbH und F gemeinschaftlich erzielten Einkünfte aus Vermietung und Ver­pachtung. Eine (ergänzende) Feststellung einzelner, in den Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. §§ 9, 21 EStG) als Nettogröße eingehender oder nicht eingehender Bestandteile schei­det mithin mangels Rechtsgrundlage aus. Es handelt sich insoweit auch nicht um eine "andere Besteuerungsgrundlage" im Sinne der Vorschrift, weil die Zinszahlungen der Klägerin an F aufgrund der steuerrechtlich maßgeblichen Bruch­teilsbetrachtung keine Bedeutung für die Besteuerung der Feststellungsbetei­ligten in Deutschland haben und daher keine Grundlage für eine Besteuerung sind.

c) Sollte der Antrag der Klägerin hingegen auf eine Feststellung zur Behand­lung der von F vereinnahmten Zinsen (auf der Einnahmenseite der Gesell­schafterin) für Zwecke ihrer Besteuerung in Deutschland abzielen, ist eine sol­che Feststellung schon deshalb nicht möglich, weil F insoweit keine gemein­schaftlichen Einkünfte im Sinne des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO erzielt hat. Abgesehen von dem Umstand, dass aufgrund der steuerrechtlich maßgeblichen Bruchteilsbetrachtung aus dem geschlossenen Darlehensvertrag bei steuerrechtli­cher Betrachtung keinerlei Einkünfte erzielt wurden, stehen F die vereinnahm­ten Zinsen nicht gemeinschaftlich (mit der K‑GmbH), sondern alleine zu, so­dass über ihre steuerrechtliche Einordnung auf Ebene der Veranlagung der F zu entscheiden ist (s. allgemein BFH-Urteil vom 20.11.2018 ‑ VIII R 39/15, BFHE 263, 112, BStBl II 2019, 239, Rz 29).

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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