VG Trier: Keine Gewerbeuntersagung wegen Steuerschulden während Insolvenzverfahren
Verwaltungsgericht Trier 27.04.2010, Pressemitteilung Nr. 11/2010
Während des Laufs eines Insolvenzverfahrens ist eine Gewerbeuntersagung wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse nicht zulässig. Dies hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier mit Urteil vom 14. April 2010 entschieden.
Der Entscheidung lag die Klage eines Gaststättenbetreibers zugrunde, über dessen Gewerbe im Mai 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war und der zu diesem Zeitpunkt Steuerschulden in Höhe von ca. 55.000,00 € hatte. Im Juni gestattete der Insolvenzverwalter dem Betroffenen, sein Gewerbe fortzuführen; eine in der Insolvenzordnung vorgesehene Möglichkeit, um zum Einen die Insolvenzmasse nicht zu verschlechtern und zum Anderen dem Insolvenzschuldner eine Möglichkeit zum Neustart zu geben. Im Dezember 2008 untersagte der beklagte Eifelkreis Bitburg-Prüm die Ausübung des Gewerbes mit der Begründung, der Betroffene sei unzuverlässig i.S.d. Vorschriften der Gewerbeordnung, da er seinen steuerlichen Pflichten nicht nachgekommen sei. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Betroffene Klage vor dem Verwaltungsgericht Trier erhoben und zu deren Begründung geltend gemacht, eine Gewerbeuntersagung während der Dauer eines laufenden Insolvenzverfahrens sei nicht zulässig.
Dieser Rechtsauffassung schlossen sich die Richter der 5. Kammer an. Wegen der hohen Steuerschulden des Betroffenen sei der Beklagte zwar normalerweise dazu berechtigt, wegen der damit zum Ausdruck kommenden gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit die Untersagung des Gewerbes auszusprechen. Etwas anderes gelte jedoch während der Dauer eines laufenden Insolvenzverfahrens, und zwar auch hinsichtlich der durch den Insolvenzverwalter gestatteten Gewerbefortführung. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehe das Recht zur Verwaltung der gesamten Insolvenzmasse auf den Insolvenzverwalter über. Der Schuldner könne keine wirksamen Verfügungen mehr treffen. § 12 GewO bestimme deshalb, dass die Vorschriften über die Gewerbeuntersagung wegen finanzieller Gründe während eines laufenden Insolvenzverfahrens keine Anwendung finden. Dem Insolvenzverfahren werde damit absolute Priorität zugewiesen, die darin begründet liege, dass die Gewerbeuntersagungsmöglichkeit mit den Zielen des Insolvenzverfahrens in Konflikt geraten könne. Grundsätzlich entscheide die Gläubigerversammlung - auch im Falle der Freigabeerklärung - darüber, ob das Unternehmen fortgeführt oder stillgelegt werde. Diese Entscheidung der Gläubigerversammlung würde vorweggenommen, wenn die Gewerbeüberwachungsbehörde schon zuvor wegen finanzieller Unzuverlässigkeit die weitere Ausübung des Gewerbes untersagen könnte. Zudem würde der Gesetzeszweck, dem Schuldner einen Neustart zu ermöglichen, unterlaufen.
Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten innerhalb eines Monats die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.
VG Trier, Urteil vom 14. April 2010, 5 K 11/10.TR.
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