VG Koblenz: Streit um Gebühren für Steuerbescheinigungen
Verwaltungsgericht Koblenz 29.2.2012, Pressemitteilung Nr. 9/2012
(Urteil vom 13.2.2012, 6 K 884/11.KO)
Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur darf bei der Bemessung der Höhe von Verwaltungsgebühren für die Ausstellung von Bescheini-gungen nach dem Umsatzsteuergesetz in pauschalierender Form auch den möglichen wirtschaftlichen Wert der jeweiligen Bescheinigung für den Antragsteller berücksichtigen. Dies entschied jetzt das Verwaltungsgericht Koblenz.
Die Klägerin, Inhaberin eines Tanzstudios, hatte sich Anfang des Jahres 2011 zum Zwecke der Befreiung von der Umsatzsteuer bescheinigen lassen, dass ihr Studio zum einen bestimmte Bildungsaufgaben ordnungsgemäß durchgeführt habe und zum anderen mit seinen Ballettaufführungen die gleichen kulturellen Aufgaben erfülle wie die entsprechenden von der öffentlichen Hand geführten Einrichtungen. Das Ministerium hatte für die beiden inhaltlich bis in die 1960er Jahre zurückreichenden Bescheinigungen unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes und des wirtschaftlichen Wertes der Amtshandlung aufgrund des ihm insoweit gesetzlich eingeräumten Ermessens Verwaltungsgebühren in Höhe von 410,00 € und 1.600,00 € festgesetzt. Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, dass der wirtschaftliche Wert beider Bescheinigungen Gebühren in dieser Höhe nicht rechtfertige. Beide Bescheinigungen führten nämlich nicht automatisch zu einer Umsatzsteuerbefreiung; dies hänge noch davon ab, ob das Finanzamt weitere, von ihm selbst zu prüfende Voraussetzungen bejahe. Zudem habe sich im Nachhinein ergeben, dass die von ihr angestrebte rückwirkende Änderung von steuerlichen Festsetzungen wegen nicht mehr vorhandener Steuerunterlagen erst ab den 1980er Jahren möglich gewesen sei und ihr damit die Bescheinigung von vorneherein auch nur insoweit einen steuerlichen Vorteil habe vermitteln können.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Zwar treffe es zu, so die Richter, dass der wirtschaftliche Wert nicht nach der zu erwartenden Steuerersparnis bestimmt werden könne, da die Bescheinigungen als Grundlagenbescheide den Ausgang des Besteuerungsverfahrens nur mittelbar beeinflussten und die dort für den Steuerschuldner zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen von der Prüfung zusätzlicher Fragen durch die Finanzverwaltung abhängig seien. Daraus folge jedoch keineswegs, dass der wirtschaftliche Wert der Amtshandlung entgegen den Vorschriften des Landesgebührengesetzes vollständig außer Betracht zu bleiben habe. Der Verwaltung stehe es vielmehr frei, in derartigen Fällen einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzulegen und pauschalierend von typischen Fällen auszugehen, welche einen bestimmten Verwaltungsaufwand auslösten und für den Gebührenschuldner einen bestimmten, in der regelmäßig jeweils möglichen nicht unerheblichen Steuerentlastung liegenden wirtschaftlichen Wert verkörperten. Soweit ein solcher Steuervorteil in dem sich anschließenden Besteuerungsverfahren dann – wie im vorliegenden Fall – ganz oder teilweise nicht erreicht werden könne, verwirkliche sich lediglich das mit der Ungewissheit über die zu erwartende Steuerersparnis naturgemäß verbundene Risiko, welches ja gerade Veranlassung zu der pauschalierenden Gebührenerhebung gebe.
Gegen das Urteil können die Beteiligten die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.