Am 21.6.2024 veröffentlichte Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts
Niedersächsisches Finanzgericht, Auszug aus dem Newsletter 7/2024 vom 21. Juni 2024
Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts
Az. 8 K 66/22 - Urteil vom 23.04.2024
Lohnsteuerliche Behandlung von Aufwendungen für eine Feier des Arbeitgebers anlässlich einer Arbeitnehmer-Verabschiedung
Der 8. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat sich in einem Urteil vom 14. Mai 2024 (8 K 66/22) gegen die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt, wonach Aufwendungen für eine Verabschiedungsveranstaltung eines Arbeitnehmers insgesamt als Arbeitslohn zu behandeln sind, wenn sie die Freigrenze von 110 Euro pro Teilnehmer überschreiten. Nach der in R 19.3 Abs. 3 Nr. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) niedergelegten Verwaltungsauffassung werden die Kosten für Verabschiedungen dem Arbeitnehmer unabhängig davon als steuerpflichtiger Arbeitslohn zugerechnet, ob die Veranstaltung im betrieblichen Interesse liegt oder nicht. Dagegen wird bei Geburtstagsfeiern nach R 19.3. Abs. 3 Nr. 4 LStR, die von der Finanzverwaltung als Folge einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2003 in die LStR aufgenommen wurde, nur der auf den Arbeitnehmer und seine Gäste entfallende Anteil als Arbeitslohn behandelt, wenn die Freigrenze überschritten wird.
Im konkreten Fall entschied das Niedersächsische Finanzgericht, dass die Klägerin, ein Geldinstitut, zu Unrecht für die Lohnsteuer auf die Aufwendungen für eine Veranstaltung anlässlich der Verabschiedung ihres bisherigen Vorstandsvorsitzenden in Haftung genommen wurde. Die Veranstaltung fand in den Geschäftsräumen der Klägerin statt und wurde von dieser organisiert und finanziert, wobei auch der neue Vorstandsvorsitzende vorgestellt wurde. Der Lohnsteueraußenprüfer hatte die Veranstaltung nicht als Betriebsveranstaltung anerkannt und die Kosten dem bisherigen Vorstandsvorsitzenden als Arbeitslohn zugerechnet, da nicht alle Mitarbeiter eingeladen waren und die Aufwendungen die Freigrenze von 110 Euro je Teilnehmer überschritten.
Das Gericht stellte jedoch fest, dass es sich um ein Fest der Klägerin handelte, da die Gästeliste überwiegend nach geschäftlichen Gesichtspunkten erstellt wurde und die Klägerin als Gastgeberin auftrat. Die Teilnahme privater Gäste des bisherigen Vorstandsvorsitzenden war nur in geringem Umfang erfolgt. Nach Auffassung des Gerichts war der Empfang im überwiegenden betrieblichen Interesse der Klägerin, da neben der Verabschiedung des bisherigen Vorstandsvorsitzenden auch die Einführung seines Nachfolgers stattfand.
Die Verwaltungsauffassung, wonach die Aufwendungen bei Verabschiedungen von Arbeitnehmern insgesamt als Arbeitslohn zu behandeln seien, wenn sie die Freigrenze von 110 Euro überschreiten, während bei Geburtstagsfeiern nur die auf den Arbeitnehmer und seine Gäste entfallenden Kosten als Arbeitslohn gelten, wurde vom Gericht als nicht sachgerecht verworfen. Der Empfang stellte sich unter Berücksichtigung aller Umstände als betriebliche Veranstaltung dar, und nur die auf den bisherigen Vorstandsvorsitzenden und seine Familienangehörigen entfallenden Aufwendungen seien als Arbeitslohn zu werten. Das Gericht ließ die Revision zur Rechtsfortbildung zu, da die Unterscheidung in den Lohnsteuerrichtlinien zwischen Verabschiedung und Geburtstag eines Arbeitnehmers nicht gerechtfertigt erscheine.
Weitere Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts
Az. 3 K 81/22 – Urteil vom 17.04.2024
Heranziehung des Substanzwertes i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG bei der Bemessung des gemeinen Wertes der Anteile nach § 17 Abs. 2 Satz 2 EStG
1. Für die Bemessung des gemeinen Wertes der Anteile für Zwecke des § 17 Abs. 2 Satz 2 EStG ist auf § 11 Abs. 2 BewG zurückzugreifen (Verweis auf BFH-Rechtsprechung).
2. Dies umfasst auch den Rückgriff auf den Substanzwert i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG als Untergrenze, jedenfalls sofern eine andere Wertermittlungsmethode des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG mangels Wertermittlungsmöglichkeit nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 oder 2 BewG nicht in Betracht kommt.
3. Der hiernach ermittelte Substanzwert i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG kann nicht um Wertminderungsfaktoren wie eine Risikoverzinsung oder aber eine – lediglich hypothetisch anfallende – Kapitalertragsteuer verringert werden.
rechtskräftig
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Az. 3 K 162/23 – Urteil vom 13.12.2023
Schenkweise Übertragung eines Miteigentumsanteils ohne anteilige Übertragung des Finanzierungsdarlehens
Überträgt der Steuerpflichtige schenkweise einen Miteigentumsanteil an einem Vermietungsobjekt ohne die Finanzierungsdarlehen anteilig mitzuübertragen, so kann er künftig die Schuldzinsen nur noch anteilig entsprechend seinem verbliebenen Miteigentumsanteil abziehen.
Revision eingelegt; BFH-AZ: IX R 2/24
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Az. 3 K 163/23 – Urteil vom 13.12.2023
Schuldzinsabzug bei schenkweiser Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Vermietungsobjekt
Überträgt der Steuerpflichtige schenkweise einen Miteigentumsanteil an einem Vermietungsobjekt ohne die Finanzierungsdarlehen anteilig mitzuübertragen, so kann er künftig die Schuldzinsen nur noch anteilig entsprechend seinem verbliebenen Miteigentumsanteil abziehen.
Revision eingelegt; AZ-BFH: IX R 3/24
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Az. 4 K 6/24 - Urteil vom 24.04.2024
Zur Verfassungsmäßigkeit von § 32c EStG und zur Frage, wie die Steuerermäßigung in Zusammenhang mit der Vergleichsberechnung nach § 31 Satz 4 EStG zu berechnen ist.
1. Es bestehen Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit von § 32c EStG.
2. Bei der Anwendung von § 32c EStG ist das Abstellen auf die tarifliche Einkommensteuer auch dann nicht zu beanstanden, wenn diese im Rahmen der Steuerfestsetzung um kinderbedingte Freibeträge vermindert wurde, die im Rahmen der Berechnung der fiktiven tariflichen Einkommensteuer nicht zu berücksichtigen sind, weil die fiktiven Einkünfte zu einer hinreichenden Steuerfreistellung durch das Kindergeld führen.
Revision zugelassen
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Az. 8 K 10/23 - Urteil vom 23.05.2023
Verpflichtung zur Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs
1. Nach der Finanzgerichtsordnung vertretungsberechtigte Personen müssen dem Gericht Schriftsätze und deren Anlagen als elektronisches Dokument übermitteln, wenn ihnen dafür ein sicherer Übertragungsweg zur Verfügung steht.
2. Steuerberatern steht seit dem 01.01.2023 durch das besondere elektronische Steuerberaterpostfach ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung.
3. Der verspätete richterliche Hinweis auf die Verpflichtung zur Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs rechtfertigt allein nicht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Nachinstanz BFH-Beschluss vom 17.04.2024, AZ: X B 69/23
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Az. 8 K 11/23 - Urteil vom 23.05.2023
Verpflichtung zur Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs
1. Nach der Finanzgerichtsordnung vertretungsberechtigte Personen müssen dem Gericht Schriftsätze und deren Anlagen als elektronisches Dokument übermitteln, wenn ihnen dafür ein sicherer Übertragungsweg zur Verfügung steht.
2. Steuerberatern steht seit dem 01.01.2023 durch das besondere elektronische Steuerberaterpostfach ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung.
3. Der verspätete richterliche Hinweis auf die Verpflichtung zur Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs rechtfertigt allein nicht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Nachinstanz BFH-Beschluss vom 17.04.2024, AZ: X B 68/23 = SIS 24 07 61
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Az. 10 K 41/22 - Urteil vom 25.05.2024
Kindergeld zwischen zwei Ausbildungsabschnitten einer mehraktigen Ausbildung
Die Vollzeiterwerbstätigkeit in der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten einer einheitlichen erstmaligen Ausbildung ist für den Kindergeldanspruch unschädlich, wenn die Berufstätigkeit lediglich der Überbrückung dient und nicht Voraussetzung für die Aufnahme des zweiten Ausbildungsabschnitts ist (Rev. III R 13/24).
Revision eingelegt; BFH-AZ: III R 13/24
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Az. 11 K 143/20 - Urteil vom 04.12.2023
Verpflichtung zur Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs
Die Vollzeiterwerbstätigkeit in der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten einer einheitlichen erstmaligen Ausbildung ist für den Kindergeldanspruch unschädlich, wenn die Berufstätigkeit lediglich der Überbrückung dient und nicht Voraussetzung für die Aufnahme des zweiten Ausbildungsabschnitts ist (Rev. III R 13/24).
Rechtsmittel erledigt
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Az. 13 K 3/24 - Urteil vom 19.03.2024
Zum Begriff des Vorabgewinnanteils aus § 35 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 EStG
1. Ob es sich bei einer gesellschaftsvertraglichen Abrede zur Gewinnverteilung um eine Vorabgewinnverteilungsregelung oder eine solche zur allgemeinen Gewinnverteilung handelt, ist durch Auslegung zu ermitteln.
2. Charakteristisch für einen Vorabgewinn ist, dass dieser vorrangig und damit auch dann zu zahlen ist, wenn danach kein Restgewinn mehr verbleibt (Anschluss Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 21. Juli 2011 – 1 K 1150/11 –, juris = SIS 11 32 39).
3. Erhält ein Kommanditist ausschließlich einen Festbetrag und keinen quotalen Anteil, schließt dies die Annahme eines Vorabgewinns nicht aus. Dass er damit dauerhaft von der Gewerbesteueranrechnung ausgeschlossen wird, steht der Annahme eines Vorabgewinns nicht entgegen.