BMF: 31. Sitzung des Stabilitätsrates am 12. Juni 2025
Bundesministerium der Finanzen 12.6.2025
Finanzpolitik im Spannungsfeld zwischen neuen nationalen Spielräumen und europäischen Fiskalregeln
Der Stabilitätsrat tagte am 12. Juni 2025 unter dem Vorsitz des Bundesministers der Finanzen, Lars Klingbeil, und des Ministers der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Marcus Optendrenk.
Nachdem die Bundesregierung mit der Europäischen Kommission aufgrund der vorgezogenen Wahl zum Deutschen Bundestag eine Verschiebung der Abgabe des ersten deutschen mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plans (FSP) gemäß den Bestimmungen des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) vereinbart hatte, wird Deutschland den FSP bei der Europäischen Kommission einreichen, sobald die notwendigen Voraussetzungen vorliegen. Im FSP ist ein Nettoausgabenpfad festzulegen, der tragfähige öffentliche Finanzen sicherstellt. Der Stabilitätsrat wird zu diesem Nettoausgabenpfad eine Stellungnahme abgeben und anschließend dessen Einhaltung überwachen.
Ende April hat die Bundesregierung erstmalig den jährlichen Fortschrittsbericht gemäß dem reformierten SWP bei der Europäischen Kommission eingereicht. Dieser hat das Stabilitätsprogramm und das Nationale Reformprogramm abgelöst. Die darin beschriebene Projektion mit Stichtag 31. März geht für das Jahr 2025 von einem gesamtstaatlichen Defizit von 2 ½ Prozent des BIP und einer Maastricht-Schuldenquote von 62 ¾ Prozent des BIP aus, berücksichtigt aber noch nicht die Auswirkungen der im März erfolgten Grundgesetzänderungen – die Bereichsausnahme für verteidigungsrelevante Ausgaben von der Schuldenbremse, das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität in Höhe von bis zu 500 Mrd. Euro und den strukturellen Verschuldungsspielraum für die Länder in Höhe von 0,35 Prozent des BIP. Die hierdurch hinzugewonnenen nationalen fiskalischen Spielräume stehen in einem Spannungsverhältnis zu den Anforderungen der europäischen Fiskalregeln.
Der Stabilitätsrat erkennt die fiskalische Notwendigkeit an, die Nationale Ausweichklausel für Verteidigungsausgaben zu aktivieren, wie von der Bundesregierung beantragt. Diese fiskalischen Spielräume sind erforderlich, um den hohen Risiken für die deutsche und europäische Sicherheitsarchitektur zu begegnen.
Die Finanzministerinnen und Finanzminister waren sich in der Sitzung einig, dass die Einhaltung der europäischen Fiskalregeln in naher Zukunft mit Anstrengungen auf allen staatlichen Ebenen verbunden sein dürfte. Für eine tragfähige Finanzpolitik – sowohl im nationalen als auch im europäischen Kontext – sei eine Stärkung des Potenzialwachstums unabdingbar. Dazu seien eine Investitionsoffensive und komplementär hierzu Strukturreformen notwendig.
In diesem Zusammenhang begrüßt der Stabilitätsrat, dass das neue Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität einen erheblichen Beitrag zur Stimulierung des Wachstums leisten kann. Voraussetzung hierfür ist, dass die Mittel zielgerichtet für Infrastrukturinvestitionen eingesetzt werden, die wirksam zu einer zusätzlichen Stärkung des Wachstumspotenzials beitragen. Zudem müssten Bund, Länder und Kommunen eine konsequente Überprüfung der Ausgaben vornehmen und alle staatlichen Aufgaben auf ihre Notwendigkeit überprüfen, um tragfähige Finanzen sicherzustellen und den europäischen Fiskalregeln unter Nutzung ihrer Flexibilitäten zu entsprechen.
Der Bundesminister der Finanzen, Lars Klingbeil:
„Die heutigen Beratungen im Stabilitätsrat haben gezeigt, dass wir uns in Bund und Ländern über die Prioritäten einig sind: Entscheidend ist, dass wir jetzt die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze sichern. Wir sorgen deshalb für massive private und öffentliche Investitionen. Wir schaffen mit Strukturreformen gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft: mit niedrigeren Energiepreisen, weniger Bürokratie, mehr Fachkräften. Außerdem werden wir die öffentlichen Finanzen weiter konsolidieren: mit klaren Sparvorgaben, mit einem strikten Finanzierungsvorbehalt für jedes Vorhaben und einer umfassenden Überprüfung staatlicher Aufgaben auf ihre Notwendigkeit."
Der Minister der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Marcus Optendrenk:
„Die steuerliche Entlastung der Wirtschaft ist richtig, aber ihre Finanzierung darf nicht zu Lasten der Handlungsfähigkeit von Ländern und Kommunen gehen. Wir brauchen ein faires und verlässliches Miteinander im föderalen Gefüge. Deshalb ist es gut, dass sich Schwarz-Rot in ihrem Koalitionsvertrag zur Veranlassungskonnexität bekennen und nun gemeinsam mit den Ländern an Lösungen arbeiten. Ziel muss ein Mechanismus sein, der künftig greift, wenn Bundesgesetze zu finanziellen Belastungen bei Ländern und Kommunen führen. So schaffen wir Verlässlichkeit für alle Ebenen.“
Die Ministerin für Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz, Doris Ahnen:
„Deutschland braucht jetzt schnelle und gezielte Investitionen in eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur. Das Sondervermögen von 500 Milliarden Euro stellt dafür erhebliche Mittel bereit – auch für Länder und Kommunen. Wichtig ist nunmehr eine schnelle und unbürokratische Umsetzung. Zusammen mit verbesserten Rahmenbedingungen für private Investitionen ist dies die Voraussetzung, damit Deutschland wieder auf einen höheren Wachstumspfad gelangen kann. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns auch bei den geplanten steuerlichen Erleichterungen schnell einigen und zu einer fairen Lastenverteilung kommen.“
Die Beschlüsse und die Beratungsunterlagen werden veröffentlicht unter: www.stabilitaetsrat.de.
Quelle: bundesfinanzministerium.de