NVL-Verbandstag "Steuergerechtigkeit für Arbeitnehmer"
Neuer Verband der Lohnsteuerhilfevereine e.V. 15. Juni 2012, Presseinformation Nr. 21 / 2012
Einfachheit im Steuerrecht steht im Spannungsfeld zur Steuergerechtigkeit. Praktikabilität und Verständlichkeit haben im Zuge der fortschreitenden Automation Vorrang vor Vereinfachungen. Dies ist ein Fazit des diesjährigen NVL-Verbandstages im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin, der unter dem Leitwort "Steuergerechtigkeit für Arbeitnehmer" stand.
Ein zweites Fazit lautet, dass die Nutzung und Weiterentwicklung elektronischer Medien für Steuererklärung und Steuerbescheid nicht automatisch zur mehr Gerechtigkeit für die Steuerbürger führen. Der konsequente Ausbau elektronischer Datenerfassung, Übermittlung und Auswertung schaffe Einsparpotenziale für die Finanzverwaltung und Vereinfachungen für die Steuerpflichtigen. Damit dürfe jedoch keine Einschränkung der Datenhoheit, Eigenverantwortlichkeit und Rechtssicherheit der Steuerpflichtigen verbunden sein, machte NVL-Geschäftsführer Uwe Rauhöft deutlich. Anita Käding (Bund der Steuerzahler Deutschland) betonte beim Verbandstag, bei Datenübermittlung und Überprüfung für die "vorausgefüllte Steuererklärung" die Einhaltung des Grundrechts der informationellen Selbstbestimmung der Bürger zu achten. Bei der Umsetzung der "elektronischen Lohnsteuerkarte", deren Entwicklungsstand beim Verbandstag von Christiane Grahn vom federführend beauftragten Finanzministerium Nordrhein-Westfalen vorstellt wurde, wird sich der NVL gemeinsam mit anderen Verbänden weiterhin für den autorisierten Zugriff sowohl für Arbeitnehmer als auch deren steuerliche Berater einsetzen.
Lothar Binding (SPD), finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, warnte zudem vor falschen Erwartungen bei der Einführung der vorausgefüllten Steuererklärung. Es sei eben nicht so, dass es mit einer Unterschrift für die Bürger getan sei, so Binding. Letztlich handelt es sich bei diesem Projekt um eine elektronische Bereitstellung gemeldeter Besteuerungsdaten. Dies verdeutlichten Sabrina Kranholdt und Roland Krebs vom Bayerischen Landesamt für Steuern. Die Bayerischen Steuerbehörden sind mit der Ausarbeitung dieses Projekts betraut, das 2014 starten soll.
Einen Beitrag zur Steuergerechtigkeit für Arbeitnehmer liefern nach Einschätzung von Olav Gutting (CDU), Mitglied des Finanzausschusses des Bundestags, auch weniger spektakuläre, aber effiziente Maßnahmen wie die regelmäßige Überprüfung und Anpassung von Pauschalen sowie der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens für Jahressteuergesetze deutlich vor Jahresende. Verkomplizierungen des Steuerrechts durch Einzelfallgesetzgebungen zu vermeiden sowie Ausnahmetatbestände zu beseitigen, sieht Dr. Daniel Volk (FDP), Obmann seiner Partei im Finanzausschuss, als weitere mögliche Beiträge zur Steuergerechtigkeit.
Einmal mehr war der NVL-Verbandstag mit der von NVL-Verbandssprecher Ingo Bettels moderierten Podiumsdiskussion ein hochkarätig besetztes Forum zur Diskussion aktueller steuerrechtlicher und steuerpolitischer Fragen und bot Informationen aus erster Hand. Dr. Volker Pfirrmann, Richter des 3. Senats am Bundesfinanzhof, referierte über die Rechtsentwicklung beim Familienlastenausgleich. Michael Sell, Leiter der Steuerabteilung im Bundesfinanzministerium, erläuterte die steuerpolitischen Leitlinien der Bundesregierung für diese Legislaturperiode. Die Politik sei von den Prinzipien "kein substantieller Steuerverzicht", Steuerrealisierung und einer vereinfachten Handhabung durch den IT-Einsatz und die verstärkte Zusammenarbeit von Bund und Ländern geprägt, so Michael Sell.
Der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine (NVL) vertritt die Interessen von 130 Lohnsteuerhilfevereinen, 6000 Beratungsstellen und mehr als 1,5 Millionen Arbeitnehmern.