Finanzbehörde Hamburg: Erlassmöglichkeiten einschränken – Hamburg drängt weiter auf Reform bei der Erbschaftssteuer
Finanzbehörde Hamburg, Pressemeldung vom 18.9.2024
Die gegenwärtigen Regelungen bei der Erbschaftssteuer sehen gerade für große Vermögen sehr weitgehende Erlassmöglichkeiten vor. Gerade in einer Stadt wie Hamburg mit vergleichsweise hohen Erbschaften macht sich das jährlich in einem geringeren Ergebnis bei der Erbschaftsteuer bemerkbar. Vor diesem Hintergrund setzt sich der Senat mit Nachdruck für eine Reform der Erbschaftsteuer auf Bundesebene ein. Parallel laufen auch bereits entsprechende Verfahren beim Bundesverfassungsgericht.
Finanzsenator Dr. Andreas Dressel: „Hamburgs Steuerverwaltung arbeitet effizient – und – wie sich das gehört – auch streng nach den steuergesetzlichen Bestimmungen. Dies gilt – auch hier sind es oft wenige Einzelfälle mit großen Effekten – bei der Erbschaftssteuer. Die Erlassmöglichkeiten im Bereich der Erbschaftsteuer sind aber auch uns ein Dorn im Auge. Niemand darf sich da auf null runterrechnen, das muss aus Gründen der Steuergerechtigkeit geändert werden. Darauf setzen wir uns auf Bundesebene ein. Ganz klar ist aber auch: Der Vorwurf, wir würden in Hamburg sehenden Auges auf Steuern verzichten, wie es die Opposition behauptet, ist absurd: Mitnichten lassen wir uns Steuern entgehen. Wenn zum Beispiel plötzlich 200 Millionen Euro Steuergeld aus einem einzigen Insolvenzfall in Hamburg wegfallen, dann lässt sich das schwerlich unserer Finanzverwaltung zum Vorwurf machen. Außerdem gilt weiterhin: Bei rückständigen Steuer-Beträgen sind auch heute noch die Nachwirkungen der Corona-Pandemie zu spüren, denn die seinerzeit großzügig gestundeten Beträge müssen selbstverständlich nach Auslaufen der Stundungen gezahlt werden und das neben den laufend zu entrichtenden ggf. neu hinzukommenden Steuerbeträgen. Ukrainekrieg und Inflation sowie konjunkturelle Schwäche haben die Situation in den letzten Jahren zusätzlich belastet, sodass entsprechende Zuwächse, ausgehend von einem nach Corona ohnehin schon sehr hohen Niveau, nicht verwunderlich sind. Auch das sollte die Opposition zur Kenntnis nehmen.“
Hintergrund
Im Rahmen einer aktuellen parlamentarischen Anfrage (Drs. 22/16132) wurde auch kritisch über die steuerlichen Erlassmöglichkeiten diskutiert, die die Hamburger Steuerverwaltung streng nach Recht und Gesetz bearbeitet. Neben den Auswirkungen des Corona-Krise war für die außergewöhnliche Höhe von Niederschlagungen im Jahr 2024 einzelner Insolvenzfall entscheidend, der mit Niederschlagungen in Höhe von rund 200 Mio. EUR – auch in den Bereichen Körperschafts- und Gewerbesteuer – zu Buche schlägt. Bei den ausgewiesenen Erlassbeträgen nach § 227 AO zur Erbschaftsteuer handelt es sich fast ausschließlich um erlassene Steuern nach § 28a Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). Sofern der Erwerb von „produktivem“ Unternehmensvermögen einen Wert von 26 Mio. € übersteigt, entfällt die im Regelfall insbesondere zum Erhalt von Arbeitsplätzen vorgesehene Entlastung. Um aber auch bei Großerwerben eine die Existenz des Unternehmens gefährdende Belastung betrieblichen Vermögens zu vermeiden, hat der Gesetzgeber im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2016 - in aus heutiger Sicht überzogener Weise - entschieden, dass auf Antrag des Erwerbers eine sogenannte Verschonungsbedarfsprüfung zu erfolgen hat. Hierbei legt der Erwerber sein verfügbares Vermögen (nicht produktives Unternehmensvermögen) offen, das er zu 50 Prozent für die entstandene Steuer einzusetzen hat. Darüber hinaus erfolgt ein Steuererlass, der unter verschiedenen auflösenden Bedingungen gewährt wird. Die Hamburger Steuerverwaltung folgt insoweit dem Gesetzesbefehl des Bundesgesetzgebers und hat keinen Entscheidungsspielraum. Wegen der geringen Fallzahl ist mit Blick auf das Steuergeheimnis eine nähere Auskunft nicht möglich. Der Senat setzt sich entsprechend dem Bürgerschaftlichen Ersuchen (Drs. 22/12262) für eine Erbschaftsteuerreform ein. Ferner ist beim Bundesverfassungsgericht zu den §§ 13a, 13b, 13c, 19a und § 28a ErbStG bereits ein Verfahren anhängig (1 BvR 804/22).