EU-Insolvenzrecht: Mitgliedstaaten einigen sich auf Standpunkt zur Annäherung der nationalen Insolvenzstandards
Rat der Europäischen Union, Pressemitteilung vom 12.6.2025
Der Rat hat heute seinen Standpunkt (die sogenannte allgemeine Ausrichtung) zu einer EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts festgelegt. Die Annäherung nationaler Insolvenzregelungen macht die EU attraktiver für ausländische und grenzüberschreitend tätige Investoren. Derzeit müssen Investoren unterschiedliche nationale Insolvenzvorschriften berücksichtigen, wenn sie in anderen EU-Ländern als ihrem Heimatland investieren.
Diese Richtlinie ist ein wichtiger Schritt, um die EU für Investoren attraktiver zu machen. Es kann ein Hindernis bei Investitionsentscheidungen sein, wenn es zu große Abweichungen beim Insolvenzrecht zwischen den Mitgliedstaaten gibt. Mit dieser Richtlinie werden wir diese Unterschiede verringern.
Adam Bodnar, polnischer Minister der Justiz
Der Pre-pack-Mechanismus
Nach den neuen Vorschriften wird in allen EU-Mitgliedstaaten ein Pre-pack-Mechanismus zur Verfügung stehen. Bei einem Pre-pack-Mechanismus wird der Verkauf des Unternehmens (oder eines Teils davon) des Schuldners vor der förmlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorbereitet und ausgehandelt. So besteht die Möglichkeit, kurze Zeit nach Eröffnung des förmlichen Insolvenzverfahrens zur Liquidation eines Unternehmens den Verkauf durchzuführen und den Erlös zu erzielen.
Im Rahmen eines Pre-pack-Mechanismus wird es möglich sein, noch zu erfüllende Verträge, d. h. Verträge, die für die Weiterführung der Geschäftstätigkeit von wesentlicher Bedeutung sind, ohne Zustimmung der Gegenpartei des Schuldners automatisch vom Schuldner auf den Käufer des Unternehmens zu übertragen. Der Rat hat allerdings eine Reihe von Garantien zum Schutz der Vertragsfreiheit aufgenommen.
Gläubigerausschuss
Eine weitere Neuerung der Richtlinie besteht darin, dass unter bestimmten Umständen Gläubigerausschüsse in allen Mitgliedstaaten eingerichtet werden müssen. Der Gläubigerausschuss stärkt die Position der Gläubiger im Insolvenzverfahren. Er gewährleistet die Beteiligung einzelner Gläubiger, die andernfalls, z. B. aufgrund begrenzter Ressourcen oder der geografischen Entfernung, nicht am Verfahren teilnehmen könnten.
Mit der Richtlinie werden bestimmte Merkmale des Gläubigerausschusses in allen Mitgliedstaaten harmonisiert, wie etwa seine Zusammensetzung, die Rechte und Pflichten des Ausschusses sowie die persönliche Haftung seiner Mitglieder.
Gemäß dem Kompromisstext haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Einsetzung eines Gläubigerausschusses auf große Unternehmen zu beschränken.
Sonstige Bestimmungen
Im Dezember 2024 hat der Rat bereits einen Kompromiss zu anderen Aspekten des Richtlinienentwurfs erzielt, insbesondere zu den Maßnahmen zur Bewahrung der Insolvenzmasse, zur Pflicht der Unternehmensleitung, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen, und zu den Transparenzpflichten.
Nächste Schritte
Auf der Grundlage des heute festgelegten Standpunkts kann der Rat Verhandlungen über den endgültigen Rechtsakt mit dem Europäischen Parlament aufnehmen, sobald es seinen Standpunkt festgelegt hat.
Hintergrund
Die Richtlinie wurde von der Kommission am 7. Dezember 2022 zusammen mit anderen Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion der EU vorgeschlagen.
Das Fehlen harmonisierter Insolvenzregelungen ist ein Hindernis für grenzüberschreitende Investitionen. Stärker harmonisierte Insolvenzvorschriften tragen zu mehr Sicherheit und Kostensenkungen für (ausländische) Investoren bei.