Bundessteuerberaterkammer zum Richtlinienvorschlag zur Änderung der Rechnungslegungsrichtlinien
Vorschlag einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates im Hinblick auf die Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Gesellschaften und Konzerne vom 17. April 2013 KOM (2013) 207 endg.
Bundessteuerberaterkammer 11. Juni 2013, Stellungnahme an das Bundesministerium der Justiz
Wir bedanken uns für die Zusendung des obigen Vorschlags. Gern nehmen wir hierzu Stellung.
Die Bundessteuerberaterkammer vertritt als gesetzliche Spitzenorganisation die Gesamtheit der bundesweit rund 90.000 Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften. Neben der Vertretung des Berufsstandes auf nationaler und internationaler Ebene wirkt die Bundessteuerberaterkammer an der Beratung der Steuergesetze sowie an der Gestaltung des Berufsrechts mit.
Unsere nachstehenden Ausführungen beschränken sich auf einige wesentliche Aspekte, weil im Fokus der Steuerberater eher kleinere und mittlere Unternehmen stehen. Nichtsdestotrotz betrifft der vorstehende Vorschlag auch bestimmte mittelgroße Unternehmen.
Es kommt hinzu, dass Entwicklungen im Bereich der großen Unternehmen häufig auch auf die handelsbilanziellen Entwicklungen kleinerer und mittlerer Unternehmen ausstrahlen.
Vorbemerkung
Wir möchten vorab klarstellen, dass die Bundessteuerberaterkammer keinerlei Wertungen über die im Richtlinienvorschlag angesprochenen Zielsetzungen abgeben möchte. Wir meinen jedoch, dass es nicht Aufgabe der Rechnungslegung sein sollte, mittels Implementierung weiterer Angaben in den Lagebericht diese Zielsetzungen zu befördern. Vielmehr hat sich gerade in Deutschland gezeigt, dass ein ausgewogenes System gesellschaftsrelevanter Stakeholder diese Zielsetzungen weitaus besser adressieren kann.
Im Einzelnen:
1. Funktion des Lageberichts
Die Angaben im Lagebericht haben eine Informations- und eine Rechenschaftsfunktion. Ferner kommt dem Lagebericht eine Ergänzungsfunktion zur wirtschaftlichen Gesamtbeurteilung der Gesellschaft zu (vgl. Ellrot in Beck‘scher Bilanzkommentar, 8. Aufl., § 289, Rz. 4).
Dabei wird das Konzept des „True and Fair View“ dadurch umgesetzt, dass im Lagebericht der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage der Kapitalgesellschaft so darzustellen sind, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. In die Analyse des Geschäftsverlaufs sind dabei die für Geschäftstätigkeit bedeutenden finanziellen Leistungsindikatoren einzubeziehen und zu erläutern sowie die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und darzustellen.
Zudem soll der Lagebericht auch auf Risikomanagementziele und -methoden der Gesellschaft eingehen.
Daraus ergibt sich, dass der Lagebericht dazu dienen soll, die wirtschaftlichen Chancen und Risiken eines Unternehmens aufzuzeigen, nicht jedoch, gesellschaftspolitische Zielsetzungen zu befördern.
Wir weisen darauf hin, dass bereits jetzt die Konzernlageberichte außerordentlich umfangreich sind. So umfasst etwa ein Lagebericht des Konzernabschlusses 2012 eines bestimmten DAX-Unternehmens bereits heute rund 100 Seiten.
Eine Erweiterung der zu tätigenden Angaben hätte jedoch u.E. zur Folge, dass die betreffenden Lageberichte noch komplexer würden als bisher schon.
2. Evaluierung der zusätzlichen Angaben im Lagebericht
Während bestimmte zusätzliche Angaben noch relativ leicht zu erbringen sein dürften, etwa die Frage des Geschlechts, könnte sich die korrekte Darstellung und ggf. daran anschließende Nachprüfbarkeit anderer zu erbringender Angaben als problematisch erweisen. Zu denken ist etwa an die Angabe der Nationalität bei Mehrfachstaatlern. Gleiches gilt auch für Angaben über die berufliche Vorbildung von Mitarbeitern, zu denken ist etwa an multinational tätige Unternehmen.
3. Umfang und Durchsetzung der zusätzlichen Angaben
Durch Änderung des Abs. 1 in Art. 46 der Richtlinie 78/660/EWG ist vorgesehen, dass die Unternehmen ihre nichtfinanzielle Unternehmenspolitik in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Mitarbeiterangelegenheiten, Menschenrechte, Antikorruptions- und Bestechungsverhalten und die Ergebnisse dieser Unternehmenspolitik darlegen müssen. Ferner ist im Buchstaben (iii) vorgesehen, die hieraus resultierenden Risiken und die Art, wie das Management diese Risiken behandelt, zu beschreiben.
Kommt ein Unternehmen dieser Verpflichtung nicht nach, so muss es darlegen, warum es diese Angaben nicht tätigt, so dass auch in diesen Fällen zusätzlicher Aufwand entsteht.
Im Gegensatz etwa zu DAX-Unternehmen, die bereits heute ihre Jahresabschlüsse häufig zu Marketingzwecken nutzen, würden große mittelständische Unternehmen, die nicht börsennotiert sind, mit unnötiger Bürokratie und damit zusätzlichen Kosten belastet.
Fazit
Als Fazit unserer obigen Ausführungen ergibt sich, dass wir diesen Vorschlag als nicht zielführend ablehnen.