Skip to main content
  • SIS-Datenbank Steuerrecht

    Kann Ihre Steuerrechts-Datenbank,
    was unsere SIS-Datenbank kann?

    • » Online und/oder Offline mit monatlicher Update-DVD
    • » Über 130.000 Urteile und Erlasse, durchgehend mit Leitsätzen
    • » Vollelektronische Handbücher ESt/LSt, KSt, GewSt, USt, AO

    » Einen Monat kostenlos testen

BFH: Keine Berichtigung der Bemessungsgrundlage bei Insolvenz der „Zahlstelle“

  1. Bedient sich ein leistender Unternehmer zur Einziehung seiner Entgeltforde­rungen gegen die Leistungsempfänger eines anderen Unternehmers (Zahlstel­le), vereinnahmt er das Entgelt spätestens dann, wenn die Zahlungen der Leistungsempfänger bei der Zahlstelle eingehen.
  2. Der Umstand, dass die Zahlstelle den vereinnahmten Betrag nicht an den leistenden Unternehmer weiterleitet, führt nicht dazu, dass sich die Bemes­sungsgrundlage für die vom Unternehmer an die Leistungsempfänger erbrach­ten Leistungen mindert (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.02.2021 ‑ XI R 15/19, BFHE 272, 252, BStBl II 2021, 729 = SIS 21 10 52, Rz 21).

UStG § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1
MwStSystRL Art. 73, Art. 90 Abs. 1

BFH-Urteil vom 30.4.2025, XI R 15/22 (veröffentlicht am 10.7.2025)

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 31.3.2022, 1 K 2073/21 = SIS 22 18 09

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt eine Apotheke. Im Jahr 2020 (Streitjahr) erbrachte er umsatzsteuerpflichtige Lieferungen von Arznei- und Heilmitteln unter anderem an gesetzliche Krankenkassen. Er berechnete die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten.

Die Abrechnung mit den Krankenkassen übertrug der Kläger im Sinne von § 300 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vertraglich der X GmbH (Rechenzentrum). Nach den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Re­chenzentrum standen dem Kläger im Wesentlichen Abschlagszahlungen und dem Rechenzentrum im Gegenzug Vergütungsansprüche zu. Die Einziehung der Forderungen erfolgte im Namen des Rechenzentrums, aber für Rechnung des Klägers.

Hinsichtlich der weiteren Abrechnungsvereinbarungen stellte das Finanzge­richt (FG) unter anderem fest:

"(Das Rechenzentrum) … unterhält bei Geldinstituten zum Ausgleich der Forderungen der Apotheke ein eindeutig durch das Institutions­kennzeichen (IK) der Apotheke bestimmtes, für die Kunden des je­weiligen Abrechnungskreises einheitliches Konto. (Das Rechenzen­trum) … verfügt über dieses Konto nur zu Gunsten der Apotheken nach Maßgabe der den Abrechnungskunden bereits gezahlten Ab­schlagszahlungen und zu eigenen Gunsten in Höhe der ihr für ihre Tätigkeit zustehenden Vergütung. Die Apotheke tritt ihre gegenwerti­gen und zukünftigen Forderungen gegenüber den Kostenträgern an … (das Rechenzentrum) ab. Wenn … (das Rechenzentrum) auch mit dem Einzug weiterer Forderungen beauftragt ist, tritt die Apotheke auch diese Forderungen an … (das Rechenzentrum) ab. … (Das Re­chenzentrum) nimmt die Abtretung an. … (Das Rechenzentrum) hat das Recht, die Forderungen an die kreditgewährende und die jeweili­ge Zahlung vorfinanzierende Bank abzutreten, welche die Zahlung bzw. Überweisung an die Apotheke vornimmt.

Im Falle einer Übersicherung kann der Apotheker insoweit von … (dem Rechenzentrum) Rückabtretung verlangen. … (Das Rechenzen­trum) ist … (seinerseits) berechtigt, jederzeit Forderungen wieder an den Apotheker zurückabzutreten; der Apotheker nimmt eine solche Rückabtretung hiermit an.

Die Apotheke wird bei der Beantragung des IK die von … (dem Re­chenzentrum) jeweils benannte Bankverbindung angeben und für die Dauer des Vertragsverhältnisses nur auf Anweisung des … (Rechen­zentrums) eine Änderung dieser Bankverbindung vornehmen. Dies gilt auch für einen Wechsel der Abrechnungsstelle oder wenn eine Selbstabrechnung nicht fortgeführt wird. Die Apotheke ist verpflich­tet, dafür Sorge zu tragen, dass das von ihr angegebene IK richtig ist und die von dem … (Rechenzentrum) genannte Bankverbindung für dieses IK eingetragen ist."

Im Mai 2016 wurde das Rechenzentrum mit einer anderen Kapitalgesellschaft als übernehmende Rechtsträgerin verschmolzen.

Das Rechenzentrum trat gegenüber den Krankenkassen für Rechnung des Klä­gers auf. Es vereinnahmte die Zahlungen der Krankenkassen, die diese auf die Lieferungen des Klägers geleistet hatten.

Über das Vermögen des Rechenzentrums wurde im Jahr 2020 das Insol­venzverfahren eröffnet. Bereits mit Beschluss vom …2020 hatte das Insolvenzgericht auf Antrag des Rechenzentrums einen vorläufigen Insolvenz­verwalter bestellt und zugleich angeordnet, dass Verfügungen des Rechen­zentrums nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.

In seinen beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) einge­reichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen für August und September 2020, die Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstanden (§ 168 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑), errechnete der Kläger die Umsatzsteuer auf 10.262,49 € beziehungsweise 10.952,47 €.

Unter dem 03.11.2020 legte der Kläger gegen die Umsatzsteuer-Voranmel­dungen jeweils Einspruch ein. Er machte geltend, die Umsatzsteuer sei nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu berichtigen, da Restzahlungen des insolventen Rechenzentrums, an welches er seine Zah­lungsansprüche gegen die Krankenkassen abgetreten habe, in Höhe von 20.233,28 € (August 2020) und 24.318,15 € (September 2020) ausgeblieben seien.

Die Einsprüche blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 28.07.2021).

Das FG wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 1793 veröffentlichten Urteil ab. Es entschied, das FA gehe zu Recht davon aus, dass die Beträge, welche das Rechenzentrum dem Kläger noch schulde, an diesen insolvenzbedingt aber nicht ausgekehrt habe, in der Bemessungsgrund­lage der Umsatzsteuer für die betreffenden Voranmeldungszeiträume zu be­rücksichtigen seien. Denn maßgeblich sei allein das Entgelt zwischen dem Klä­ger als Leistendem und den Krankenkassen als Leistungsempfängern. Eine Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG könne nicht erfolgen. Uneinbringlich sei das Entgelt nämlich schon deshalb nicht ge­worden, weil es vom Kläger vereinnahmt worden sei. Der Kläger müsse sich zurechnen lassen, dass die Krankenkassen für Rechnung des Klägers an das Rechenzentrum gezahlt hätten. Dies sei mit Einwilligung des Klägers gesche­hen. Bereits mit den Zahlungen an das Rechenzentrum sei der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Kaufpreises erloschen.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er macht im Wesentlichen geltend, dass das FG bei seiner Entscheidung von uni­onsrechtlichen Grundsätzen abgewichen sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sei Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer nur die tatsächlich vom leistenden Steuerpflichtigen erhal­tene Gegenleistung. Der Steuerpflichtige müsse nach dem EuGH-Urteil Netto Supermarkt vom 21.02.2008 ‑ C‑271/06, EU:C:2008:105 effektiv über die Gegenleistung verfügen können. Dafür bedürfe es der Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen über die Gegenleistung, wozu es im Streitfall nicht gekom­men sei. Die in Rede stehenden Zahlungen seien zwar von den Krankenkassen an das Rechenzentrum geleistet worden, doch niemals beim Kläger angelangt.

Unter dem 05.08.2022 hat der Kläger auf Grundlage der Rechtsauffassung des FA eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2020 abgegeben. Dieser hat das FA am 19.08.2022 durch Auszahlung des Erstattungsbetrages zugestimmt. Nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten sind durch die Umsatzsteuer-Jahresfestsetzung für 2020 keine weiteren Streitpunkte in das Verfahren ein­geführt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2020 vom 05.08.2022 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 6.143,80 € herabgesetzt wird.

Das FA beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Zwar ist das Urteil des FG aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Die Revision des Klägers ist aber in der Sache unbegründet; sie ist daher mit der Maßgabe zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑), dass die Vorentscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen wird.

1. Das Urteil des FG ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben; denn dem FG-Urteil liegen mit den Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht mehr exis­tierende Verwaltungsakte zugrunde, weshalb es keinen Bestand haben kann (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 03.11.2005 ‑ V R 63/02, BFHE 212, 161, BStBl II 2006, 337, unter II.1.; vom 10.11.2010 ‑ XI R 79/07, BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311, Rz 23; vom 24.04.2013 ‑ XI R 3/11, BFHE 242, 410, BStBl II 2014, 86, Rz 25).

Die im Revisionsverfahren eingereichte Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2020, der das FA am 19.08.2022 im Sinne des § 168 Satz 2 AO zugestimmt hat, steht gemäß § 168 Satz 1 AO einer Umsatzsteuerfestsetzung unter Vor­behalt der Nachprüfung gleich. Sie hat damit unter anderem die Umsatzsteu­er-Vorauszahlungsbescheide für August und September 2020, die Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens gewesen sind, im Sinne von § 68 Satz 1, § 121 Satz 1 FGO ersetzt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 03.11.2005 ‑ V R 63/02, BFHE 212, 161, BStBl II 2006, 337, unter II.1.; vom 10.11.2010 ‑ XI R 79/07, BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311, Rz 24; vom 24.04.2013 ‑ XI R 3/11, BFHE 242, 410, BStBl II 2014, 86, Rz 26). Gegenstand der revisionsrechtlichen Prü­fung ist deshalb nunmehr die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuer-Jahresfest­setzung für 2020 vom 19.08.2022.

2. Die Sache ist spruchreif, weil der vom FG festgestellte Sachverhalt aus­reicht, um abschließend prüfen und beurteilen zu können, ob die Umsatzsteu­er-Jahresfestsetzung für 2020 rechtmäßig ist (vgl. dazu allgemein Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 68 FGO Rz 74).

Hinsichtlich der zwischen den Beteiligten allein streitigen Frage, ob die Insol­venz des vom Kläger in Anspruch genommenen Rechenzentrums Auswirkun­gen auf die im Streit stehende Umsatzsteuer hat, hat sich durch die Umsatz­steuer-Jahresfestsetzung für 2020 nichts geändert. Die Beteiligten haben auf Anfrage mitgeteilt, dass hierdurch keine weiteren Streitpunkte in das Verfah­ren eingeführt worden sind. Der Senat sieht deshalb von einer Zurückverwei­sung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG nach § 127 FGO ab.

3. Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Ohne Rechtsfehler hat das FG dahin erkannt, dass es für die Bestimmung des der Umsatzsteuer unterliegenden Entgelts allein auf das Rechtsverhältnis des Klägers zu den Krankenkassen als Leistungsempfängern ankommt. Der Um­stand, dass die Entgeltansprüche an ein Rechenzentrum zum Forderungsein­zug abgetreten und nach dortigem Zahlungseingang teilweise nicht an den Kläger weitergeleitet wurden, hat keine Auswirkungen auf die streitige Steuer­festsetzung.

a) Der Kläger hat in den Monaten August und September 2020 Arznei‑, Ver­band‑, Heil- und Hilfsmittel an Krankenkassen als Leistungsempfänger (dazu etwa BFH-Urteil vom 18.11.2021 ‑ V R 4/21 (V R 41/17), BFHE 274, 368, BStBl II 2022, 350, Rz 26, m.w.N.) geliefert und damit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerpflichtige Umsätze ausgeführt. Die Steuer ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind, entstanden. Zutreffend geht das FG davon aus, dass Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 UStG der Kaufpreis der Waren ist, abzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer.

b) Der Umstand, dass das Rechenzentrum wegen des im September 2020 er­öffneten vorläufigen Insolvenzverfahrens ‑‑mit gleichzeitiger Anordnung, dass Verfügungen nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam sind‑‑ Zahlungen in Höhe von 20.233,28 € und 24.318,15 €, die es für Rech­nung des Klägers von den Krankenkassen vereinnahmt hatte, in den Streitzeit­räumen nicht an den Kläger weiterleitete, führt zu keiner Berichtigung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 UStG.

aa) Ist das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb unein­bringlich geworden, kommt es gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu einer sinn­gemäßen Anwendung von § 17 Abs. 1 UStG. Aufgrund dieses Verweises hat der Unternehmer, der einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag bei Unein­bringlichkeit zu berichtigen. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie) ‑‑MwStSystRL‑‑ (vgl. BFH-Urteil vom 01.02.2022 ‑ V R 37/21 (V R 16/19), BFHE 275, 460, BStBl II 2022, 860, Rz 12; BFH-Be­schluss vom 28.09.2022 ‑ XI R 28/20, BFHE 278, 355, BStBl II 2023, 598, Rz 30; jeweils m.w.N.).

bb) Ausgehend davon hat keine Berichtigung zu erfolgen.

(1) Nach den Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ist der Kläger mit dem Rechenzentrum ein eigenständiges ‑‑und von den vertraglichen Beziehungen zu den Krankenkassen losgelöstes‑‑ Rechtsverhältnis eingegangen, bei dem einerseits das Rechenzentrum die Abrechnung mit den Krankenkassen vorzu­nehmen und die Forderungen für Rechnung des Klägers einzuziehen, anderer­seits der Kläger hierfür ein Entgelt zu entrichten hatte. Das Rechenzentrum ist "Zahlstelle" des Klägers; dieser hatte die Krankenkasse ausdrücklich aufgefor­dert, an das Rechenzentrum zu leisten. Dementsprechend ist zivilrechtlich mit der Zahlung der Krankenkasse auf das ihr benannte Konto die Entgeltforde­rung des Klägers gegen die Krankenkassen erloschen (§ 362 Abs. 1 des Bür­gerlichen Gesetzbuches).

(2) Umsatzsteuerrechtlich "erhielt" der Kläger den von den Leistungsempfän­gern an das Rechenzentrum als Zahlstelle entrichteten Betrag für die von ihm erbrachten Leistungen (vgl. BFH-Urteil vom 12.02.2015 ‑ V R 38/13, BFHE 248, 504, BStBl II 2017, 31, Rz 26; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteu­ergesetz, § 17 Rz 189). Eine Uneinbringlichkeit des Entgelts scheidet demnach aus. Der Kläger muss sich zurechnen lassen, dass er das Rechenzentrum mit dem Forderungseinzug beauftragt hatte und die Krankenkassen in der Folge die geschuldeten Kaufpreise an das Rechenzentrum mit befreiender Wirkung bewirkt haben.

(3) Der insolvenzbedingte Zahlungsausfall, das heißt die Nichtweiterleitung der für den Kläger vereinnahmten Zahlungen an den Kläger, betrifft das Rechts­verhältnis zwischen dem Kläger und dem Rechenzentrum. Einbehalte oder Zahlungsausfälle in jenem gesondert zu betrachtenden Rechtsverhältnis kön­nen die Bemessungsgrundlage für die Lieferungen des Klägers an die Kranken­kassen nicht berühren (vgl. BFH-Urteil vom 24.02.2021 ‑ XI R 15/19, BFHE 272, 252, BStBl II 2021, 729, Rz 21; s. hierzu allgemein EuGH-Urteile Bally vom 25.05.1993 ‑ C‑18/92, EU:C:1993:212, Rz 16 f.; Dixons Retail vom 21.11.2013 ‑ C‑494/12, EU:C:2013:758, Rz 34; s.a. Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 10 Rz 123).

c) Soweit der Kläger meint, das FG sei von der Rechtsprechung des EuGH ab­gewichen, indem es nicht berücksichtigt habe, dass der Kläger über die Ge­genleistung für seine Lieferungen in der streitigen Höhe niemals habe effektiv verfügen können, trifft dies nicht zu. Die Entscheidung des FG steht mit uni­onsrechtlichen Maßstäben in Einklang.

aa) Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL sieht vor, dass die Steuerbemessungsgrundla­ge im Fall der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der voll­ständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes vermindert wird. Darin sieht der EuGH in ständiger Rechtsprechung eine Ausprägung des fundamentalen Grundsatzes der Mehr­wertsteuerrichtlinie, dass Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer die tat­sächlich erhaltene Gegenleistung ist, und daraus folgt, dass die Steuerverwal­tung als Mehrwertsteuer keinen Betrag erheben darf, der den dem Steuer­pflichtigen gezahlten übersteigt (z.B. EuGH-Urteile Tratave vom 06.12.2018 ‑ C‑672/17, EU:C:2018:989, Rz 29; UniCredit Leasing vom 03.07.2019 ‑ C‑242/18, EU:C:2019:558, Rz 37; X‑Beteiligungsgesellschaft vom 28.10.2021 ‑ C‑324/20, EU:C:2021:880, Rz 58).

bb) Indes betont der EuGH zugleich, dass Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL nur die­jenigen Fälle erfasst, in denen der Empfänger einer Lieferung von Gegenstän­den oder der Dienstleistungsempfänger eine Forderung nicht oder nur teil­weise erfüllt, die nach dem mit dem Lieferanten oder dem Dienstleistungs­erbringer geschlossenen Vertrag gegen ihn besteht (vgl. z.B. EuGH-Urteile NLB Leasing vom 02.07.2015 ‑ C‑209/14, EU:C:2015:440, Rz 36; X‑Beteili­gungsgesellschaft vom 28.10.2021 ‑ C‑324/20, EU:C:2021:880, Rz 60).

cc) Auch unionsrechtlich kommt es insoweit darauf an, ob der Leistende das Entgelt erhalten hat. Dies ist im Streitfall zu bejahen. Die Krankenkassen ha­ben das Entgelt auf Geheiß des Klägers in voller Höhe an das Rechenzentrum gezahlt (s. schon oben unter II.3.b bb).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, Abs. 2 FGO.

5. Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO mit Einver­ständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

  • Bedienkomfort
  • Handbuecher
  • Google für Steuerprofis
  • Kanzleialltag
  • SIS & Agenda
  • So übersichtlich kann eine Datenbank sein.

    » MEHR

  • Jetzt das Geld für teuere Handbücher sparen!

    In der SIS-Datenbank sind sie bereits drin!

    » MEHR

  • Kennen Sie das "Google" für Steuerprofis?

    » MEHR

  • Alles, was den Kanzleialltag leichter macht.

    » MEHR

  • Zusatz-Vorteile mit Agenda-Software

    » MEHR